Sicherheitsabstand beim Überholen von Radfahrern
Auf dieser kleinen Webseite geht es um den Sicherheitsabstand beim Überholen von Radfahrern.
Die Straßenverkehrs-Ordnung verlangt beim Überholen eines Radfahrers, dass „ein ausreichender Seitenabstand (…) zu den Rad Fahrenden, eingehalten“ wird (§ 5 Abs. 4 S. 2 StVO). Ein ausreichender Seitenabstand bedeutet aber nicht, dem Radfahrer so viel Abstand zuzugestehen, um ihm nicht mit dem rechten Seitenspiegel in den Rücken zu stechen — die Rechtsprechung konkretisiert den notwendigen Seitenabstand mit mindestens 1,5 Metern, bei höheren Differenzgeschwindigkeiten, etwa bei außerörtlichen Überholmanövern, werden gar mindestens zwei Meter verlangt.
Schon richtig. So ein Fahrrad ist relativ schmal, das macht mich sich gerne zu Nutze, um sich irgendwo durchzudrängeln. Aber: Die Verantwortung für derartige Manöver obliegt dem jeweiligen Radfahrer.
Dass sich beliebige Radfahrer mit ihrem Gefährt irgendwo durchdrängeln, ist aber keine Rechtfertigung dazu, beim Überholen eines anderen Radfahrers den Sicherheitsabstand außer Acht zu lassen und diesen Radfahrer damit konkret zu gefährden.
Ungern. Auch für den Abstand nach rechts hat sich die Rechtsprechung etwas überlegt. Die Straßenverkehrs-Ordnung sagt zwar, „es ist möglichst weit rechts zu fahren“ (§ 2 Abs. 2 StVO), die Rechtsprechung empfiehlt hingegen für Radfahrer einen Abstand von einem Meter vom rechten Fahrbahnrand. Wenn dort Kraftfahrzeuge parken, sollen gar 1,5 Meter eingehalten werden, um noch genügend Raum und Zeit zum Ausweichen zu haben, wenn sich plötzlich eine Tür öffnen sollte.
Ja. Denn obwohl Radfahrer so schmal sind, brauchen Radfahrer nunmal einen gewissen Platz auf der Straße — und zwar tatsächlich so viel wie ein Lastkraftwagen. Wir können ja mal nachrechnen:
Also: Ein bis anderthalb Meter Abstand nach rechts, dann etwa 80 Zentimeter Fahrrad, dann anderthalb Meter Abstand nach links ergeben insgesamt eine Breite von 3,8 Metern, die ein Radfahrer auf einer Straße in Anspruch nimmt — und die ihm aus rechtlicher Sicht zustehen.
Natürlich sind 3,8 Meter deutlich mehr als die Breite eines Lastkraftwagens. Der misst meistens maximal 2,55 Meter. Allerdings ist es einem Lastkraftwagen auch relativ egal, ob er mit zwanzig Zentimetern Abstand überholt wird — und wenn irgendjemand plötzlich seine Autotür direkt vor dem Lastkraftwagen aufreißt, dann ist die Tür halt ab. Den Lastkraftwagen interessiert das genauso wenig wie Schlaglöcher, dicke Äste oder unebene Gullideckel.
Doch. Und das ist eigentlich ganz einfach, man muss lediglich auf die Gegenfahrbahn wechseln, schon hat der Radfahrer genügend Platz. Und Hand aufs Herz: Wenn’s dann lediglich 1,2 Meter Abstand sind, wird sich niemand aufregen, sofern er sich nicht bedrängt oder gefährdet fühlt.
Wenn es keine Gegenfahrbahn gibt, dann gibt es auch nicht genügend Platz zum Überholen eines Radfahers. Dann muss man sich als Autofahrer wohl oder übel eine Weile gedulden.
Das ist richtig, allerdings sind Überholmanöver zwischen zwei Radfahrern auch deutlich ungefährlicher. Zunächst einmal fahren Radfahrer beim Überholen mit einer ganz grob vergleichbaren Geschwindigkeit; Geschwindigkeitsdifferenzen von mehr als zwanzig Kilometern pro Stunde sind schon die Ausnahme. Und außerdem schieben Radfahrer nicht allzu viel Luft vor und neben sich her, mit dem sie den anderen Radfahrer beiseite drücken.
Dennoch sind solche Manöver teilweise nicht ganz ungefährlich — aber immer noch deutlich ungefährlicher als ein Überholmanöver zwischen Auto und Fahrrad bei einer Differenzgeschwindigkeit von dreißig oder vierzig Kilometern pro Stunde.
Zunächst einmal ist das dank § 5 Abs. 8 StVO sogar erlaubt: „Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Rad Fahrende und Mofa Fahrende die Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahrstreifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen.“
Und in diesen Fällen ist der Unterschied, dass das Kraftfahrzeug steht und der Radfahrer mit mäßiger Geschwindigkeit fährt — da genügt tatsächlich theoretisch eine Lücke, die nur unwesentlich breiter als sein Fahrradlenker ist. Wenn sich bei einem solchen Manöver eine Kollision ereignet, ist die schlimmstmögliche Verletzung in der Regel ein Kratzer im Lack — und der ist zwar ärgerlich, gar keine Frage, aber nicht tödlich.
Fährt aber ein Kraftfahrzeug mit einem vergleichbaren Minimalabstand bei einer Geschwindigkeitsdifferenz von 30, 40 oder noch mehr Kilometern pro Stunde an einem Radfahrer vorbei, sind schwere oder gar tödliche Verletzungen die zwangsläufige Folge.
Mag sein. Aber das alles ist kein Grund, einen Radfahrer während eines Überholmanövers in Gefahr zu bringen.